Aumühle
Wir haben es hier mit einem besonderen Ort zu tun. Noch vor etwa 200 Jahren wurde auf einer Landkarte bei Aumühle nur eine Herdstelle verzeichnet. Doch darf man davon ausgehen, daß die dortige Mühle bereits zur Zeit der Stadtwerdung Wildeshausens vor ca. 700 Jahren vorhanden war, und daß die dortige Aue- Überwegung eine große Bedeutung hatte.1310 behaupteten die Oldenburger Grafen ihr Geleitsrecht bis an die „Baggensowe“., also Aumühle. Kamen sie bei ihren Jagden hier an die Grenze von Wildeshausen, so gebührte ihnen dort ein Willkommenstrunk und ihrer Meute ein Stück Brot. Im Wildeshauser Stadtbuch von 1383 lesen wir: „Ock zo hevet de stad eynen kamp by der molen tor Baggensowe unde de weyde by der ow up und dal in der Hunte, der de moller tor baggensowe den syttenen rade vor gheven scal enen vetten weder unde ene vette goes unde twe schillinghe to allen sunte Mertens daghe“. Das heißt in unsere Sprache übersetzt: „Ebenso hat die Stadt einen Kamp bei der Mühle zu Aumühle und das Weiderecht an der Aue auf- und abwärts der Hunte: dafür soll der Müller zu „Baggensowe“ dem sitzenden Rat einen fetten Widder und eine Fette Gans und zwei Schillinge geben zu jedem Martinstag“.
Der dortige Übergang über die Aue war bedeutsam, da man ihn, von Wildeshausen kommend, auf dem Weg nach Cloppenburg („Vlamsche Straat“) benutzen mußte, aber auch, um über Glane, Moorbeck und Huntlosen nach Oldenburg zu gelangen.
1538 wurde in der Oldenburg-Munsterschen Fehde von den Leuten des Grafen Anton nicht nur die wehrlose Stadt und Burg Wildeshausen gebrandschatzt, sondern auch die Aumühle ging in Flammen auf.
1540 kaufte der Drost Heinrich Schade das Mühlengut. Als Müller in Aumühle werden im Buch von 0. Brunken „Das alte Amt Wildeshausen“ (1938) genannt: 1556 de Moller thoe Ow; 1568 Sinner toe Aue; 1626 de Muller zur Ouw. Danach kam die Schwedenherrschaft. 1687 wurde wieder ein Schade Eigentümer. 1700 wird ein „Gustav der Müller“ als Aumüller erwähnt.
Zwei tragische Ereignisse stehen am Anfang:
1709 ertrank eins der Aumüller-Kinder im Mühlenbach. 1740 geriet der Aumüller in das Mühlenrad und wurde elendig zerquetscht.
Viel Ärger machte 1723 der schlechte Zustand der Brücke bei der Aumühle. Dieser Übergang hatte damals seine besondere Bedeutung, weil allwöchentlich, „auch bei biösem Wetter und bei angelaufenem Wasser“, der Postwagen diese Brücke passieren mußte. Die Hannoversche Regierung verlangte nun „eine Reparierung der Brüke“. Jedoch zeigte sich der Müller „widerspenstig „. Darauf mußte der Amtmann in Wildeshausen das Niöitige veranlassen.
1746 wird B. Meyer als Pächter der Mühle erwähnt.
Er war offenbar für lange Zeit in Aumühle.
1782 verkaufte der Freiherr von Mönster-Landegge seine adelig-freien Güter Huntlosen, Spasche u. Aumühle.
Joh. Ber. Müller wurde Eigentümer des Gutes Aumühle. (Sein Sohn Joh. Ber. heiratete 1800 in den Vollmeier-Hof Jedebrock zu Bargloy ein.
1811 – 1814 hatten Franzosen die Gutsherrschaft zu Aumühle.
1817 war Herm. Müller Eigentumer des Mühlengutes.
1840 mu□te das·Gutshaus abgebrochen und neu erbaut werden. Es erhielt einen Dachreiter mit Glocke.
1844 war Alb. H. Müller Eigentümer. Er starb 1864; im gleichen Jahr brannte auch die Wassermühle ab.
1865 heiratete Joh. Heinr. Brüning die Ww. Müller und verwaltete das Gut bis zu seinem Tode 1904
Gegen 1840 ging fur Aumühle eine ganze Epoche zu Ende, als die fast gradlinig laufende „Ahlhorner Chaussee“ fertiggestellt werden konnte. Bis dahin hatte derAue-Übergang bei der Mühle eine große Bedeutung gehabt. Neben den Postwagen mußten so manche Pferdefahrzeuge, „welche Torf oder Heide aus dem Kirchspiel Großenkneten zu holen genötigt waren“, diese Brücke passieren. Dach der Müller erhob 3 Grote Brückengeld; das war hart und erhitzte die Gemüter.
Noch zwei Ereignisse aus dem 19. Jahrhundert:
1856 wurde die Tochter des Mühlenpächters Grape beim Wildeshauser Schützenfest durch eine Zinkkugel getötet, 1873 brannte das Gutshaus ab. Sogleich wurde der Neubau errichtet.
Zu Anfang des 20. Jahrhunderts ging Aumühle wechselvollen Entwicklungen entgegen. Nach dem Tode des Mühlenpächters J.H. Bruüing wurde der Jurist Dr. Wienand 1905 Besitzer des Gutes. Bereits 1906 kaufte C. Engelmann aus Engelmannsbäke das Gut. Dach als 1908 R. Schelp das Gut für 10300 Mark erwarb, kehrten stabile Verhältnisse ein. Schelp war in Argentinien vermögend geworden; seine Frau (Englanderin) war ebenfalls reich.
Die Mühle wurde wieder verpachtet (an Fr. Westerkamp ab 1911 D.H. Martens). 1911 wurde die Villa „Herren-Haus“ für 65.000 Goldmark erbaut, dazu die Gärtnerei (Wohnhaus u. Gewächshaus) und der Park. Schelp investierte so großzügig, weil er Aumühle über alles liebte. Auch die feste Straße zur Ahlhorner Straße wurde gebaut (von J.H. Schwantje).
1912 wurde auch eine neue Wassermühle mit Generator für Stromerzeugung angeschafft. Im gleichen Jahr entstand an der Straße nach Wildeshausen das Doppel-Heuerhaus (Harms). Dach gegen Ende des 1. Weltkrieges wurde Schelp lungenkrank und starb 1920.
Für nur zwei Jahre war ein K. Schoeplenburg Gutsherr. Dann übernahm 1922 Major Goerke aus Hanau das Gut. Er setzte Hermann Martens (Hanstadt) als Verwalter ein. Ähnlich wie Schelp investierte Goerke allerlei. Aus dem Mühlenteich wurde ein großer See mit Badeanstalt. Nahe daran wurde ein Tennisplatz angelegt. Um Ausbau und Pflege der Rieselei mühte er sich sehr. An der Straße nach Glane ließ er das Rieselwärterhaus errichten. Zu seiner Zeit war als Eleve u. a. auch der spätere Reichsbauernführer Walter Darre in Aumühle. 1929 wurde die Villa nahe der Straße erbaut; bewohnt wurde sie von Dr. Jeep, dem Schwager von Goerke.
Das Jahr 1931 wurde zu einem Schicksalsjahr, Goerke hatte zunehmend mit Herzleiden zu tun. Schließlich machte er seinem Leben durch Erschießen ein Ende.
Auch wegen Überschuldung musste der Gutsbetrieb, in Einzelhöfe aufgeteilt, verkauft werden.
Den Löwenanteil übernahm der Bandagenfabrikant Otto Zours aus Hattingen. Er kaufte die beiden Villen mit Park und Gärtnerei, Stallungen und großen Wald- und Ödlandflächen. Wiesenflächen wurden bald an Einzelpersonen weiter veräußert. Auch die Ländereien im „Timpen“ (zwischen Holzhauser Bäke und Aue) erwarb Otto Zours.
Das Verwalterhaus mit Stallungen und Ländereien wechselte kurzfristig den Eigentümer mehrfach. Seit 1935 ist Diedrich Allhusen dort als Landwirt tätig; seit 1966 bewirtschaftet sein Sohn Adolf den Hof. Das Wirtschaftsgebäude (Haus Nr. 6) mit Stallungen und Ländereien kaufte Johannes Windhorst. Sein Sohn Hinrich ist dort noch als Landwirt tätig. Das „Haus bei der Mühle“ mit Wassermühle, Sägewerk, Ackerland und Wiesen erwarb 1933 der Landwirt Hermann Aufderheide. 1937 veraußerte Aufderheide den Aumühler Besitz an Bernhard Kock aus Hagstedt, der neben Sägerei und Landwirtschaft Geflügelzucht betrieb, und dessen Sohn Gerhard seit 1975 den Hof bewirtschaftet.
Die Eigentumer zu 2), 3) und 4) teilten sich die große Gutsscheune nördl. der öffentlichen Straße. Das Chausseehaus aus dem Jahre 1843 mit einer Wohnung, einer Schenkwirtschaft und einem Tanzsaal (oben) war bis 1870 von J.H. Müller bewohnt, danach von Karl Kempermann und schließlich von H. Siegmann. letzterer zu 1885 als Neubauer nach Holzhausen) Bis 1905 war J.H.Meyer Betreiber der Gaststätte. Ab 1905 bewohnte Chr.Joh. Finke das Haus, und 1933 erwarb H. Wohlers (jetzt Holzhausen) das Haus mit weiteren Ländereien. Das Doppelheuerhaus an der Straße nach Wildeshausen, erbaut 1912, erwarb Landwirt Emil Harms. Seine Nachkommen wohnen noch heute dort. Das Rieselwärterhaus (Glaner Eck) an der Glaner Straße, 1922 erbaut, wurde 1933 als Landstelle verkauft an Gerh. Heeren. 1942 ging die Stelle an Albrecht und 1952 an T. u. H. Geerken.
In den Nachkriegsjahren hat sich in Aumühle vieles verändert. Einige Entwicklungen seien hier angeführt:
Bis 1947 gehörte das kleine Aumühle zum Schulbezirk Holzhausen. Durch den Zuzug der vielen Vertriebenen bedingt wurde 1948 im Herrenhaus eine kleine Volksschule eingerichtet. Die Herren Witte und Hoppner wirkten hier als Lehrer; sie unterrichteten alle Jahrgänge in einer Klasse. 1950 wurde am rechten Aueufer im „Timpen“ eine Schulbaracke errichtet, die jedoch 1956 abbrannte. Seitdem werden die Schüler von Aumühle per Omnibus nach Wildeshausen befördert.
1961 wurde nördlich des Ortes ein Truppenübungsplatz angelegt. Die erforderlichen Grundstücke (210 ha) konnte man überwiegend von Siegfried Zours erwerben; es waren Wald- und Heideflächen. Das Betreten des Gebietes ist für zivile Personen verboten. Mitten auf dem Truppenübungsplatz befindet sich eine Gruppe von Grabhügeln aus der Bronzezeit.
1961-63 wurde gegen Einspruch und Protest von Grundstückseigentumern die Autobahn Al (Hansalinie) gebaut, die den Ort im nördlichen Teil durchschneidet. Eine Straßenbrücke erlaubt nach wie vor den Straßenverkehr nach Heinefelde. Nach dem Bau der Autobahn mit der Auffahrt Wildeshausen-West konnten beiderseits der Auffahrt von 1964 an je zwei Campingplätze angelegt werden.
1965-75 wurde eine Wochenendsiedlung nordwestlich des Ortskerns aufgebaut. Eine Fläche von etwa 8 ha. wurde in 45 Parzellen aufgeteilt und an Interessierte (vornehmlich aus Bremen) verkauft, die dort nach und nach Wohnbauten errichteten (Zweitwohnungen).
1965 wurde der „Timpen“ (zwischen Aue u. Holzhauser Bäke) von Kurt Kulick erworben für einen Campingplatz sowie für den Bau eines großen Hotels. Dieses Hotel wurde 1973 – 1983 als Kurheim genutzt. Spater war es kurzzeitig als „Seehof-Klinik“ eingerichtet. 1984 wurde das Gebäude von einer Gesellschaft aus Guatemala käuflich erworben, und zwar für eine Universität und als Technologie-Zentrum.
Das Herrenhaus Aumühle
Kein anderes Gebäude der ländlichen Umgebung sticht so hervor, strahlt derart einen Wohlstand aus, wie das zweistöckige weiße Bauwerk im Parkgelände.
Im Jahre 1911 lie8 es der vermögende neue Gutsherr Robert Schelp von Maurermeister Rang und Zimmermeister Theesfeld aufwendig fur 65000 Goldmark erbauen. So mancher hohe Gast mag darin genächtigt haben. Doch nur wenige Jahre konnte sich Schelp daran erfreuen; trotz guter Pflege durch Frau Schwantje starb er im Jahre. 1920.
Nur zwei Jahre lang war ein Eberh. Schoeplenburg Eigentümer des Gutes und damit des Herrenhauses.
Neuer Eigentümer wurde 1922 der Major A.D.Dr. Goerke. Auch er scheute keine Ausgaben zur Verschönerung seines Besitztums. Entsprechend seiner nationalen Gesinnung zierte er die Decke des Herrenhaus-Vorbaus mit der Inschrift: „0 schwarz-rot-gold,du Qual der Not dies Haus tritt ein für schwarz-weiß-rot.“
Nahe am Herrenhaus ließ Goerke 1928 eine zweite Villa erbauen.
Nach dem Tode Goerkes (1931) wurde der Bandagenfabrikant Otto Zours aus Hattingen a.d.Ruhr Herr im Herrenhaus. Die Villa wurde aber bereits 1934 verpachtet an den Amtsverband, der es für eine „Gebietsführerschule“ der Hitlerjugend uberließ. So wehte bis zum Kriegsende die HJ-Fahne von dem Gebäude.
Mitte April 1945 zogen kanadische Soldaten in das Gebäude ein, und bald fanden Flüchtlinge und Vertriebene hier eine Unterkunft.
Bereits 1948 wurden ein paar Räume für die Einrichtung der einklassigen Dorfschule gebraucht. Nach dem Bau der Schulbaracke wurde das Herrenhaus vorübergehend als Hotel genutzt.
Eigentümer der Villa wurde nach dem Tode von Otto Zours (1954) sein Sohn Siegfried; nach dessen Tod (1964; seine Frau Amanda Zours, die das Gebaude 1968 an die Familie Hamelmann zum Betrieb eines Altenheimes verpachtete. Diesem Zweck diente es noch bis zum Jahres- ende 1988.
Aumuhle_als_Erholungs-_und_Wandergebiet
Die Landschaft von Aumühle und Umgebung ist in besonderer Weise für Erholungsaufenthalte geeignet. Das Auetal, der Aumühler See, die Anlagen rundherum und die waldreiche Umgebung des Ortes, alles lädt zum Erwandern und Verweilen ein. So ist es nicht verwunderlich, daß hier besonders in den Jahren nach dem Bau der Autobahn (Hansalinie) mit der Auffahrt Wildeshausen-West vier Campingplätze ange1egt werden konnten:
Der Campingplatz „Bürgerpark liegt ganz im Waldgelände des Bauern Eilers und bietet etwa 80 Stellplätze auf einer Flache von 3 ha an. Er wurde 1966 angelegt.
Der Campingplatz „Zur Visbeker Braut wird vom Gastwirt Bahrs betrieben und umfaßt auf einer Flache von 1,3 ha etwa 60 Stellplätze. Er wurde 1965 angelegt. Von hier aus bietet sich ein Spaziergang zur „Visbeker Braut an.
Der Cämpingplatz „Auetal“ bei der Gaststätte „Haus Auetal {ehemals Chausseehaus) wurde 1964 angelegt, nachdem Heinr. Schröder, Wildeshausen das Gebäude mit angrenzendem 7 ha gro0en Gelände vom Landwirt Wohlers käuflich erworben hatte. Hier stehen nun etwa 100 Einzelplätze zur Verfugung.
Der Campingplatz „Akapulko in dem „Timpen“ zwischen Aue und Holzhauser Bäke wurde Ende der 60-er Jahre angelegt und ist nun von der Erbegemeinschaft Kulik verpachtet.
Die Wochenendsiedlung mit den Straßen Am Bönseberg, Schullenkamp, Amselweg, Finkenweg, Meisenweg Sprlingsweg“, wurde 1956-1975 westlich des Ortskerns angelegt.
Die „Go-Cart-Ranch“ ließ Wilh. Zours um 1970 im Odlandgebiet nahe der Autobahn anlegen. Sie wird von den Freunden dieses Sports im Sommer viel genutzt.
Drei bezeichnete Wanderwege fuhren durch Aumühle: Der Wildeshauser Wanderweg Nr. 6 kommt vom Spascher Sand und führt durch den Ort (Kastanienallee) weiter.
Der Pickerwerg (P) führt am linken Aueufer entlang durch Aumühle und geht weiter durch den Spascher Sand .. Der Geestweg (Symbol Steingrab) hat hier die gleiche Streckenführung wie der Pickerweg.