Gogericht 2018
Grenzstreitigkeit um eine Heidefläche
Am Sonnabend nach Johanni, den 30.7.2018 tagte wieder das Gogericht auf dem Desum, in Emstek. Bei herrlichstem Sommerwetter kamen viele Mitglieder und Besucher um dabei zu sein, wenn wieder, wie jedes Jahr, zwei Streitfälle behandelt werden.
Wildeshausen ist fester Bestandteil dieses Gerichtes und stellt jedes Jahr, durch den Heimatverein Düngstrup, mehrere Schöffen. Auch die Wildeshauser Schützengilde ist mit zwei Wachesoldaten vertreten.
Als Schöffen waren Rolf Ellerhorst, Frank Huntemann,Günther Vorberger und Christa und Jacob Rauschenberger daran beteiligt.
Der Gograf wird jedes Jahr von einem anderen Mitglied der Interessengemeinschaft „Altes Gogericht auf dem Desum“ gestellt. Seit 1995 ist Wildeshausen Mitglied der Interessengemeinschaft und stiftet jedes Jahr das sogenannte „Wildeshauser Gerichtsgefälle“ (15 Stiegen Heringe = 15 x 20 Heringe = 300 Heringe) wozu die Stadt seit Jahrhunderten verpflichtet war.
Die Gerichte gehen auf „Karl den Großen“ um 800 n.Chr zurück. Er führte für die niedere Gerichtsbarkeit die Gogerichte ein. Sie befassten sich mit geringeren Delikten des Alltags, die mit Ehrenstrafen wie Geldbußen oder leichten Leibesstrafen sühnbar waren, wie der „Pranger“, das „“Tragen des Lästersteins“oder der „Schandpfahl“. Später übernahmen sie auch die „Blutgerichtsbarkeit“.
Auf dem Desum gab es lange 2 Gografen, einer aus Vechta und einer aus Wildeshausen. Der Vechteraner Gograf war der Wichtigere, er führte auch die Strafen aus.
Es gab 4 feststehende Gerichtstermine der pro Jahr.Die Blütezeit der Gogerichte lag im 16. und 17. Jhd. und endete um 1809, als Vechta und Cloppenburg an Oldenburg fielen.
Nachdem Wildeshausen 1270 die Bremer Stadtrechte bekam, hatte die Stadt eine eigene Gerichtsbarkeit.
Als Wildeshausen 1527 wegen eines Mordfalles von einem Gericht in des „Reiches Acht“ gelegt wurde, verloren sie die Stadtrechte und unterstanden wieder für eine längere Zeit dem Gogericht.
Als historischer Fall wurde in diesem Jahr, eine Grenzstreitigkeit aus dem Jahr 1789, um eine Heidefläche, zwischen Thölstedter und Rechterfelder Bauern behandelt.
Die Präsentation des Falles wurde vom Heimatverein Visbek übernommen und sehr lebensnah wiedergegeben. Nach heftigen Streitgesprächen legten beide Parteien Vorschläge vor, wie man sich einigen könnte, die dann aber entrüstet abgewiesen wurden. Am Ende kam es dann doch zu einer Einigung, in der die Heidefläche den Rechterfeldern zugesprochen wurde.
Im aktuellen Fall sollte geklärt werden, ob es rechtmäßig ist, in Ställe einzudringen, um Mißstände in der Viehhaltung aufzudecken und zu dokumentieren. Nachdem nationale Gerichte, bis zur obersten Instanz, dies als zulässig befanden, sollte man die Sache dem „Europäischen Gerichtshof zur endgültigen Entscheidung vorgelegt werden. Der Fall wurde von dem Cloppenburger Rechtsanwalt Otto Höffmann vorgestellt und beantragt. Das Gogericht stimmte dem Antrag zu.
Nach dem Absingen der „Oldenburger Hymne“ wurde in geselliger Runde, mit allen Anwesenden, ausgiebig gespeist und diskutiert.
Als Besonderheit dieses Tages wird die Übergabe des Amtes des Gerichtsschreibers, von Ludger Brokamp an seinen Sohn Klaus, in Erinnerung bleiben. 20 Jahre hatte er diese zentrale Funktion mit mit Leben ausgefüllt und geprägt. Es war wieder einmal eine gelungene Veranstaltung.